Importieren von Modellraketen-Produkten

Die meisten Hersteller von Modellraketen-Produkten liegen im Ausland, vor allem in den USA. Oft sind diese Produkte in Deutschland oder sonstwo in Europa schwer oder gar nicht erhältlich. Das ist natürlich ein Anreiz, die Produkte selbst zu importieren. Countdown Online beschreibt, wo die Vorteile, Nachteile und die Haken liegen.

Zunächst bieten eine ganze Reihe von Herstellern und Händler den Versand von Produkten auch ins Ausland an. Der Modellraketenmarkt weltweit besteht, von einigen Ausnahmen wie Estes abgesehen, aus kleinen Unternehmen, die in den meisten Fällen nebenberuflich betrieben werden. Als Nischenprodukt sind Modellraketen oft nicht in den Läden zu finden und der Vertriebskanal Versandhandel ist daher sehr beliebt. Vor allem in den USA und vereinzelt auch in Europa bieten viele Firmen eigene Produkte oder die anderer Hersteller im Versandhandel an. Adressen kann man u.a. über http://www.europerocketry.com oder andere Suchdienste im Internet erhalten. Vor allem im Großbritannien und einigen anderen EU-Ländern wie Schweden gibt es mittlerweile auch einige Versandhändler, die nach Deutschland liefern. Große Firmen wie Estes liefern übrigens nicht direkt an Endkunden, sondern nur über ihre Importeure oder über Zwischenhändler.

Ist ein Händler gefunden, sind die Modalitäten abzuklären. Wichtig ist, neben dem reinen Verkaufspreis die zusätzlichen Kosten zu bestimmen, und diese können den Preis schnell in die Höhe treiben, oftmals mehr als verdoppeln. Ein wichtiger Preisfaktor ist die Zahlungsmethode. Nimmt der Händler etwa Kreditkarten oder muß eine oft teure Auslandsüberweisung gewählt werden? Vor allem in den USA gibt es nicht die bei uns gewohnten Girokonten mit Banküberweisungen, hier müssen oft umständliche und teure Verfahren wie SWIFT oder Orderschecks gewählt werden, deren Spesenkosten oft immens sind. Zahlung per Kreditkarte ist gerade hier oft die einzige rationelle Methode. Aber Vorsicht: Kreditkartennummern möglichst nicht ungeschützt übers Netz schicken, sondern verschlüsselt (PGP, SSL o.ä.) oder notfalls per Fax oder Brief.

Einen erheblichen Teil machen die Versandkosten aus. Vor allem Luftfracht ist teuer. Modellraketenprodukte sind sehr leicht, aber sperrig, und werden daher nach Volumen, nicht nach Gewicht berechnet. Das treibt die Kosten sehr in die Höhe und erklärt auch, warum in Europa die Preise für importierte Artikel oft das Doppelte ausmachen wie die Verkaufspreise in den USA. Die Frachtkosten variieren stark, als Regel kann man aber mit rund 50-150% Aufschlag auf den US-Verkaufspreis rechnen, innerhalb Europas etwa 30-50%. Normalerweise wird man bei kleineren Sendungen den Postversand wählen, Speditionen lohnen sich nur bei größeren Sendungen. Auf dem Seeweg ist alles wesentlich günstiger, dauert allerdings länger. Luftfracht benötigt etwa eine Woche, Seefracht bis zu einigen Monaten. Eine Versicherung ist auf jeden Fall empfehlenswert, da Pakete und Fracht oft nicht bzw. nicht ausreichend versichert sind und böse Überraschungen drohen können.

Kommt die Sendung aus Nicht-EU-Staaten hier an, wird sie verzollt und es müssen Zollzuschläge bezahlt werden. Die Zuschläge werden auf der Basis des Warenwertes plus den Frachtkosten berechnet, also werden die Frachtkosten (siehe oben) auch nochmals zusätzlich besteuert. Zum einen kommt eine Einfuhrumsatzsteuer hinzu (sie liegt wie die Mehrwertsteuer bei 16%), zum anderen die eigentliche Zollsteuer, die sich nach der Zollgruppe richtet, d.h. jede Ware hat einen eigenen Satz. Er liegt etwa bei 5-8%, hier sollte man einen möglichst günstigen heraussuchen (etwa 'suborbitale Raumfahrzeuge und deren Teile', Zollnummer 8802 6000 000, Satz 5,1%). Verzollt werden Postpakete oft automatisch und die Gebühren werden per Nachnahme erhoben. Oft muß der Empfänger selber zum nächsten Postzollamt fahren (im Falle von Luftfracht meistens zum nächsten Flughafen) und dort die Sendung abholen und bezahlen. Das geschieht, wenn etwa aus den Frachtpapieren nicht die notwendigen Angaben hervorgehen und das Zollamt nicht weiß, wie die Ware einzuordnen ist.

Damit sind wir auch schon beim nächsten Punkt: was darf überhaupt importiert werden? Grundsätzlich können alle Modellbausätze und alles Zubehör (Startrampen etc.) problemlos eingeführt werden. Treibsätze dürfen jedoch aus verschiedenen Gründen nicht importiert werden. Zum einen haben die Hersteller oft Verträge mit Importeuren, zum anderen ist für die Einfuhr in Deutschland, der Schweiz und anderen Ländern eine Genehmigung erforderlich, d.h. in Deutschland etwa eine Lizenz der Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) in Berlin. Detailliert kann hier nicht darauf eingegangen werden, aber für Privatleute ist eine solche Einfuhrlizenz zu teuer und kompliziert. Auch hier lizenzierte Treibsätze dürfen nur durch den Importeur eingeführt werden!

Schwieriger ist die Frage, wie die Einfuhr aus EU-Staaten aussieht, denn einerseits garantieren die EU-Verträge den freien Warenverkehr und die EU ist daher ein Binnenmarkt. Das bedeutet theoretisch, daß etwa in Deutschland Treibsätze, die in Großbritannien zugelassen sind, auch bei uns verwendet werden dürfen. Die BAM sagt jedoch "nein" und verweist auf nationale (meistens strengere) Regeln, so daß wohl eine Klärung erst dann kommen wird, wenn eine Entscheidung beim europäischen Gerichtshof anliegt.

Zurück zur Preiskalkulation: vor einem Einkauf ist also genau auszurechnen, wie der Gesamtpreis liegt, also Einkaufspreis, Fracht, Zoll, Zahlungsspesen, Versicherungen etc. Erst dann kann verglichen werden, ob sich nicht evtl. ein Einkauf bei einem lokalen Händler lohnt, falls es das Produkt hier überhaupt gibt. Auch die Lieferzeit sollte nicht unbeachtet bleiben sowie die Frage, ob man für das jeweilige Produkt hier überhaupt die notwendigen Treibsätze oder das Zubehör (etwa die notwendige R/C Anlage bei Raketengleitern) bekommt. Vor allem bei High-Power Produkten, die nicht mehr im T1-Bereich liegen, wird es dann schwierig, sie auch legal betreiben zu dürfen.

Oliver Missbach, 17.06.98

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