Gesetze und Bestimmungen in Deutschland

Beim Flug von Modellraketen sind im wesentlichen folgende Gesetze und Bestimmungen aus dem Sprengstoff- und Luftrecht zu beachten:

  • Sprengstoffgesetz (SprengG) sowie die Verordnungen zum SprengG

  • Verordnung über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße

  • Luftverkehrsgesetz (LuftVG)

  • Luftverkehrsordnung (LuftVO)

  • Luftverkehrszulassungsordnung (LuftVZO)

  • Richtlinien für die Genemigung von Raketenplätzen

Grundsätzlich ist der Flug von Modellraketen in der Bundesrepublik Deutschland ganzjährig (im Gegensatz zu Silvesterfeuerwerk) erlaubt. Die verschiedenen Gesetze und Verordnungen reglementieren jedoch oft das Vergnügen.

Eine Modellrakete wird rechtlich als Luftfahrzeug eingeordnet. Verantwortlich für das Modell ist der Halter. Die Verkehrszulassungspflicht, sonst etwa bei Flugzeugen gegeben, entfällt bei Modellraketen. Für Modellraketen mit einem Treibsatz-Füllgewicht (also ohne Hülse, Düse etc.) unter 20 Gramm entfällt außerdem die sonst übliche Aufstiegserlaubnis für Luftfahrzeuge (§16.6. LuftVO). Bei Flügen mit Modellraketen mit einem darüberliegenden Treibsatz-Füllgewicht muß jedoch bei der zuständigen Luftfahrbehörde eine Aufstiegserlaubnis beantragt werden!

Wie hoch die Modelle fliegen dürfen, hängt vom jeweiligen Startplatz ab. Ohne Genehmigung dürfen die Modelle (unabhängig von der Aufstiegserlaubnis) bis zur Untergrenze des kontrollierten Luftraumes fliegen. Der fängt lokal unterschiedlich an, Auskunft darüber gibt das lokale Luftamt, die Angaben kann man auch aus den öffentlichen Luftkarten entnehmen. Als Anhaltspunkt kann genommen werden, daß der kontrollierte Luftraum in Flughafennähe oder militärischen Sperrgebieten bereits am Boden beginnt, in Ballungszentren (sofern kein Flughafen tangiert wird) bei 1000 Fuß (330 Meter) anfängt und in ländlichen Gebieten noch darüber liegt. Für Flüge im kontrollierten Luftraum wird immer eine Flugfreigabe benötigt!

Modellraketen-Motoren fallen unter das Sprengstoffgesetz als explosionsgefährliche Gegenstände der Gruppe IV (Treibmittel) mit der Bezeichnung RG. Früher wurden sie in die Klassen T1 und T2 (pyrotechnische Gegenstände für Lehr- und Experimentierzwecke) eingeteilt, diese Regelung ist jedoch inzwischen aufgehoben. Motoren bis 20 Gramm pyrotechnischer Effektsatz (also die Füllmenge ohne Hülse und Düse) kann jedermann ab 18 Jahren frei kaufen und verwenden. Jugendliche ab 14 Jahren dürfen unter Aufsicht eines Sorgeberechtigten solche Motoren sowie Zünder verwenden. Im Verein genügt die schriftliche Zustimmung des Erziehungsberechtigten.

Motoren mit einer Füllmenge über 20 Gramm dürfen leider nicht genehmigungsfrei erworben und geflogen werden. Sie dürfen nur an Personen abgegeben werden, die eine Erlaubnis nach §27 des Sprengstoffgesetzes, den sog. "T2-Schein", haben. Diesen Schein kann man ab 21 Jahren (mit Genehmigung ab 18 Jahren) bei der zuständigen Ordnungsbehörde, meistens dem Gewerbeaufsichtsamt, erwerben. Zum Erlangen dieses Scheines muß u.a. eine Prüfung abgeschlossen werden, die wiederum bei nachgewiesenem Interesse (etwa Mitgliedschaft in einem Verein) zum Erwerb des Scheines berechtigt. Mit Hilfe dieses Scheines können (derzeit nur theoretisch) Motoren über 20 Gramm Füllgewicht gekauft und geflogen werden, Motoren gebündelt oder Mehrstufenmodelle geflogen werden.

In der Praxis ist es sehr schwer bis unmöglich, den Schein zu erwerben, weil kaum eine Behörde über die Materie Bescheid weiß und der Aufwand sowie die Kosten damit unvertretbar werden. Auch der Kreis von Inhabern dieses Scheines ist sehr klein, so daß derzeit auch keine Firma mehr entsprechende Modellraketen-Motoren anbietet. Mehr dazu am Ende dieses Kapitels.

Modellraketen-Motoren müssen in Deutschland von der Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) zugelassen und geprüft sein. Sie werden mit einer Zulassungsnummer versehen, die auf den Motoren aufgedruckt sein muß. Importtreibsätze dürfen aus dem Ausland nur vom im Zulassungsbescheid eingetragenem Importeur eingeführt werden. Die Einfuhr aus dem Ausland, auch aus EU-Ländern, ist selbst dann verboten, wenn der Motor in Deutschland zugelassen ist. Auch die Eigenherstellung ist ohne die notwendigen Genehmigungen nicht erlaubt. Gleiches gilt übrigens auch für Zünder mit pyrotechnischer Masse! Für den Transport sowie für die Lagerung gelten eigene Bestimmungen und Höchstmengen. Generell dürfen Treibsätze nur als Gefahrengut per Bahn verschickt werden, nicht jedoch per Paketdienst oder Post.

Was sonst noch zu beachten ist: Bündelung und Mehrstufenraketen bedürfen ebenfalls einer besonderen Erlaubnis nach §27 des Sprengstoffgesetzes, also einen sog. T2-Schein mit Aufstiegserlaubnis. Das gilt auch, wenn es sich um einzeln an sich erlaubnisfreie Motoren handelt, beispielsweise die Bündelung zweier A-Motoren.

Gestartet werden darf nur, wenn der Besitzer des Geländes einverstanden ist, der Luftraum frei ist, der nächste Flughafen weiter als 1,5 km entfernt ist und keine Krankenhäuser, Altersheime usw. in der Nähe sind. Anflugzonen sind tabu! Im Gegensatz zu Modellflugzeugen braucht man jedoch keinen Abstand von 1,5 km zu Wohngebieten zu halten, und eine besondere Aufstiegserlaubnis ist wie erwähnt bis zu einer Treibsatz-Füllgewichtsgrenze von 20 Gramm auch nicht einzuholen. Auch für die Durchführung von Veranstaltungen mit Modellraketen ist keine Genehmigung erforderlich, wenn es sich um erlaubnisfreie Flüge handelt.

Dies ist nur ein Auszug aus den Bestimmungen ohne Garantie für Vollständigkeit oder Richtigkeit. Zum Zeitpunkt der Drucklegung sind durch Änderungen im Zuge der EU-Harmonisierung einige Fragen zum aktuellen Stand offen geblieben. Wer sich jedoch an die geschilderten Regelungen hält, wird kaum Ärger bekommen. Für weitere Auskünfte stehen die Behörden (Luftämter, Gewerbeaufsichtsämter, Ordnungsämter etc.) sowie die Modellraketen- und Modellflugorganisationen zur Verfügung.

Die derzeitigen Bestimmungen werden wie erwähnt in den nächsten Jahren schrittweise mit denen anderer EU-Länder angeglichen werden. Mit weiteren Änderungen ist daher zu rechnen. Das ist auch gut so, denn die derzeitig geltenden Bestimmungen stammen aus den 70er Jahren und sind kaum mehr zeitgemäß. So blockieren sie neue Entwicklungen wie den High-Power Modellraketenflug oder die stärkere Einbindung im Schulunterricht durch die zu hoch angesetzte Altersgrenze.

In der Modellraketenszene laufen daher Bestrebungen, die Bestimmungen an internationale Standards anzupassen. In vielen Ländern wurde dies bereits erfolgreich verwirklicht, Deutschland steht momentan im Schlußlicht dieser Bemühungen. So sind Treibsätze nach den Klassifizierungen der Vereinten Nationen sowie weiterer Länder, beispielsweise den USA, schon lange der Klasse Toy Propellant (Spielzeugfeuerwerk) zugeordnet, während sie in Deutschland noch immer in die regulären Sprengstoffklassen eingeordnet sind und daher starken Verkaufs-, Lagerungs- und Altersbeschränkungen unterliegen. Manche Bestimmungen wie der erwähnte T2-Schein sind, wie schon geschildert, völlig praxisfremd und gehören nach Meinung vieler Modellraketenflieger in dieser Form abgeschafft.

(Quelle: "Fliegende Modellraketen - selbst gebaut", Oliver Missbach, München, Frühjahr 2001, Vorabdruck, Nachdruck ohne Genehmigung verboten)

Oliver Missbach, 07.02.00

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