Modelle bemalen

NUN STEHT SIE DA, DIE FERTIGE MODELLRAKETELOSSEN SIND DRAN, AUCH DIE SPITZE STECKTFEST. WAS FEHLT, IST DIE BEMALUNG. DENN ERST EIN PERFEKTES FINISH MACHT AUS EINEM FUNKTIONSFÄHIGEN ROHBAU EIN WIRKLICH ATTRAKTIVES MODELL. OLIVER MISSBACH BESCHREIBT DIE FERTIGSTELLUNG EINER MODELLRAKETE.

Es gibt mehrere gute Gründe, ein fertiggebautes Modell zu lackieren. Zum einen - es fliegt besser (glattere Oberfläche), es hält länger (Schutz der Bauteile) und - es sieht natürlich besser aus. Denn schließlich soll unser Modell nicht nur in der Luft einen guten Eindruck machen, sondern auch optisch etwas hergeben. Schließlich: Wer wurde auf die Idee kommen, etwa sein Auto ohne Anstrich zu fahren?

Gerade die Bemalung hat einen entscheidenden Einfluß darauf, wie das Modell später "ankommt". Aus der Praxis kommt leider oft die Erfahrung, das viele Modelle zwar profimäsig zusammengebaut sind, die Bemalung aber mehr als schlampig ausgeführt wurde. Viel zu oft wird viel Zeit fürs Bauen verwendet, das Finish kommt aber dafür zu kurz.

Vom Zustand der Bauteile hängt es ab, ob die Rakete gleich mit Farbe bemalt werden kann oder ob noch eine vorherige Grundierung erfolgen muß. Manche Hersteller bieten glatte Kunststoffspitzen an, die man problemlos ohne Vorarbeiten bemalen kann. Solche aus Balsaholz wie auch andere Holz- und Balsaholzteile müssen vorher bearbeitet werden. Ebenfalls nach Bearbeitung schreien rauhe Kartonrohre ohne behandelte Oberfläche (etwa Küchenrollen oder selbstgewickelte mit Klebeband). Bereits beschichtete Rohre (etwa von Estes) können hingegen ohne Grundierung verwendet werden.

Balsaholz- und Holzteile werden mit einer speziellen Schleifgrundierung behandelt, wie sie im Modellbaugeschäften zu haben ist. Es gibt dort spezielle für Balsaholz. Die Grundierung wird mit einem Pinsel auf das Holz aufgetragen. Nach dem Trocknen wird mit feines Schleifpapier geschliffen. Anschließend wird wieder Grundierung aufgetragen und verschliffen - undsoweiter, bis die Oberfläche wirklich glatt ist und keine Holzfasern sehr auszumachen sind. Diese Prozedur ist zwar mühesam, aber im Erfolg bestechend und daher die Mühe wert!

Auch rauhe Kartonrohre sollten mit einer Grundierung bearbeitet und geschliffen werden. Sowohl Karton-, Balsa- und Kunststoffteile können vor dem Bemalen mit einer Haftgrundierung, die auf die späteren Farben abgestimmt ist, behandelt werden. Die Haftgrundierung sorgt für einen besseren Zusammenhalt zwischen der Materialoberfliche und lder Farbe und verhindert ein Abbröckeln derselben.

Ist unsere Rakete fertig grundiert und geschliffen, kann das eigentliche Bemalen beginnen. Zuerst sollten passende Farben ausgesucht werden und vor allem - die richtige Bemalungsmethode. Eine Lackierung mit dem Pinsel ist zwar einfach, aber das Ergebnis spricht dann auch für sich. Besser ist die Verwendung einer Sprühdose, natürlich ohne FCKW. Die Farbe wird gleichmäsig aufgetragen, die Ergebnisse sind bei richtiger Anwendung optimal.

Sprühdosen gibt es viele. Daher sollte man erst einmal ausprobieren, denn nicht jede Farbe ist geeignet; nicht einmal bei den angebotenen Modellbaufarben ist das so. Einige haften schlecht, bröseln wieder ab, andere greifen vielleicht das Baumaterial (z.B. Kunstoffteile) an. Also - ein bischen wählerisch sein, irgendwann findet jeder ,,seine" Marke.

Der Nachteil von Sprühdosen sind ihr Preis. Schwer empfehlenswert sind daher Sprühpinsel, sog. Air-Brush-Geräte. Hier gibt es im Modellbauhandel geeignete Modelle. Es sollte nicht gerade das billigste 29,95 DM-Angebot sein, auch nicht unbedingt das Teuerste ist notwendig. Geräte um 100 DM sind ganz brauchbar, etwa von Badger oder Humbrol. Allerdings ohne einen kleinen Kompressor (etwa 200 300 DM) wird der Spaß dann doch wieder teuer durch die Tatsache, daß für die Sprühpinsel ansonsten Co2-Flaschen zur Druckerzeugung verwendet werden müssen, die mit 20-30 DM nicht gerade preiswert sind und nach einiger Zeit im Gebrauch auch Druckausfälle haben.

Wer über die Hürde gesprungen ist und sich einen Air-Brush mit Kompressor gekaift hat, kommt allerdings zukünftig mit vergleichsweise günstigen Ausgaben weg. Benötigt wird nur noch Farbe und Verdünner. Farben gibt es auf Email-- und Acrylbasis. Emailfarbe ist nicht wasserlöslich und mit speziellem' Verdünner verdünnbar, Acrylfarbe kann mit Wasser verdünnt werden, daher leicht auswaschbar, aber eben auch anfällig gegen Feuchtigkeit. Beide Farben eignen sich gut für Sprühpinsel (sind natürlich auch in Spraydosen erhält1ich, vor alles Emailfarbe).

Persönlich recht gute Erfahrungen hat der Autor mit des Emailfarben aus den Modellbauläden gemacht, die in kleinen Döschen zu 15 ml etwa von Revell oder Humbrol angeboten werden. Es gibt sie in vielen Farben in den erwähnten Geschäften fast überall, die kleine Menge ist gut verwendbar (auch größere Dosen zu haben) und der Preis von etwa 1,50 DM erschwinglich. Sie werden für die Anwendung im Sprühpinsel mit 50 % Verdünner gemischt (also die Hälfte Farbe, die Hälfte Verdünner) und gut verrührt. Als Verdünner empfiehlt sich z. B. der Spannfix Verdünner von Graupner (gelbschwarze Dose), zwar nicht unbedingt für Farben vorgesehen, aber optimal in der Anwendung!

Auch Acrylfarben gibt es in Dosen, sie werden bis zur gewünschten Intensität mit Was-ser verdünnt. Zum Auswaschen von Emailfarben kann man neben dem Verdünner auch einen preiswerteren Farblöser wie Dufix von Henkel (macht Farbe wasserlöslich) oder einfach Nitroverdünner verwenden. Zum Schutz der Hände sind Plastikschutzhand-schuhe wirklich empfehlenswert, denn der eine oder andere Tropfen Farbe kommt immer auf die Haut und kann oft nur sehr schwer entfernt werden.

Zum Sprühen der Modelle sollte man möglichst nicht das neue Wohnzimmer mit den Ledersesseln aus der feinen Boutique verwenden, denn der feine Sprühnebel verteilt sich wie das Haarspray wirklich überall. Besser ist ein Hobbyraum oder gleich im Freien. Zum Schutz der unmittelbaren Umgebung dient eine Schutzhaube aus einem leeren, großen Karton 0. ä. Zum Schutz der Gesundheit sollte man eine Atemmaske mit Kohlefilter (ohne wertlos!) kaufen, die es preislich unterschiedlich in Modellbauläden oder anderswo gibt. Bei Nichtverwendung die Maske luftdicht verschließen, sie ,,atmet" sonst weiter und ist in Kürze unbrauchbar.

Vor dem Sprühen muß man das Modell entsprechend präparieren. Will man alle Teile in derselben Farbe haben, ist es noch am einfachsten, denn dann erübrigt sich das Abdecken andersfarbiger Teile. Ein Tip am Rande: Das Modell zuerst mit einer Farbe (meistens weiß) ganz lackieren. dann erst die anderen Farben auftragen. Sind verschiedene Farben geplant, dann mit der hellsten Farbe beginnen und evtl. die anderen Teile abdecken, falls nicht diese Farbe als Grundlackierung wie angesprochen dienen soll. Dann die nächste Farbe auftragen, abgestuft in der Helligkeit bis zur dunkelsten Farbe.

Das Abdecken geschieht mit Tesafilm (mit ihm wird die Nahtstelle abgedeckt) oder, was noch besser ist, mit speziellem Abdeckfilm ähnlich wie selbstklebende Bucheinbandhülle. Dieser Film ist so beschichtet, daß er später wieder leicht abgezogen werden kann und nicht, wie bei Tesafilm oder Klebeband oft der Fall, gleich noch die Farbe mitnimmt. Empfehlenswert z.B. Abdeckfilm für Air-Brush von Letraset (Masking Tape), erhältlich u. a. im Grafikzubehörläden.

Mit Abdeckfilm bzw. Klebeband wird, wie gesagt, die Nahtstelle abgedeckt und san erhält hinterher bei sauberer Verklebung einen scharfen Rand als Übergang zwischen den 2 Farbaufträgen. Der Rest des Modells wird mit Papier (Vorsicht bei Zeitungspapier - färbt ab!) oder einer Plastiktüte abgedeckt - ganzes Modell abdecken, denn der Sprühnebel erreicht alle Teile des Modells. Hinterher alle Abdeckungen wieder vorsichtig entfernen, da sonst die Gefahr der Ablösung von Farbe besteht. Mit Abdeckfolie kann man übrigens auch schöne Muster und Streifen auf das Modell sprühen. Man muß dazu eine Art Schabone anfertigen, mit dem Messer ausschneiden und auf das Modell kleben. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, die Ideen kommen von allein.

Gedult erfordert das eigentliche Bemalen. Bei Verwendung von Spraydosen oder Sprühpinsel ist es sehr wichtig, daß der Farbauftrag in mehreren Schichten erfolgt, und zwar jeweils nur mit ganz wenig Farbe. 4-5 Schichten oder mehr dürfen es gerne sein, Absolut verkehrt ist es, das Modell auf einmal lackieren zu wollen. Das Resultat ist, daß die Farbe verläuft und sich plumpe Tropfen bilden - eine Art Zuckerguß-effekt.

Man sprüht zuerst eine hauchdünne Schicht, wobei das Modell langsam gedreht wird, bis es von allen Seiten gleichmäßig besprüht ist. Aus zusammengerollter Zeitung wird ein ,,Halter" gebastelt, der in das Motoraufnahmerohr gesteckt wird, Empfehlenswert sind übrigens Gummihandschuhe, denn der Sprühnebel läßt sich auch ganz gerne auf der Haut nieder.

Nachdem die erste Schicht trocken ist, folgt die zweite dtinne Schicht, usw. Das alles kann zwar ein wenig dauern, aber das Resultat ist es wert. Nachdem man die Farbe über Nacht oder länger hat trocknen lassen, können die Abziehbilder aufgetragen werden. Vielen Bausätzen liegen Abziehbilder bei, die in Wasser getaucht werden müssen und dann übertragen werden. Hier ist ein bischen Fingerfertigkeit und Augenmaß gefragt, denn die Bilder sind sehr dünn und reißen auch mal gelegentlich. Nach ei-nigen Modellen hat man den Dreh aber raus.

Neben Naß-Abziehbildern gibt es auch selbstklebende, die zwar weniger umständlich sind, aber gerne etwas auftragen (weil dicker) und sich auch nicht mehr verschieben lassen. Oft herrscht bei Modellraketenbastlern ein gewisser Notstand an käuflichen Abziehbildern, die man verwenden kann, aber das soll keinen abhalten, welche zu verwenden, denn erst solche Bilder vervollständigen das gelungene Farbschema einer Rakete.

Oft vergessen, aber wichtig ist eine abschließende Lackierung mit farblosen Klarlack. Vor allem die nassen Abziehbilder können sich sonst sehr schnell wieder ablösen, etwa bei Berührung, und das Modell verschmutzt mehr schnell, falls mal der Landeplatz nicht so sauber ist. Klarlack sollte in etwa 2-3 dünnen Schichten gesprüht werden (falls zuviel, wird das Modell leicht gelb). Nicht vergessen: Alle guten Dinge sind drei: Konstruieren, Bau-en und Lackieren!

(aus COUNTDOWN 1/90 - Nachdruck ohne Genehmigung verboten!)

Zurück


© Countdown Online, Oliver Missbach. Alle Rechte vorbehalten. Diese Seite ist ein Teil von http://www.countdown-magazin.de