Kaltgas-Rakete

Peer Kreutzer - DIE MODELLRAKETE CHARLIE-OSKAR 2 IST EINE RAKETE, DIE MIT C02-PATRONEN BETRIEBEN WIRD. DIESE C02-PATRONEN SIND IM NORMALFALL FÜR SPORTWAFFEN GEDACHT UND WERDEN HIER ALS RAKETENANTRIEB ZWECKENTFREMDET.

Der Inhalt der Patronen besteht bei dieser Größe aus 12 g flüssigem C02 (Kohlendioxyd). Um es gleich am Anfang vorwegzunehmen, der Bau des Modelles ist nicht ganz einfach und nicht unbedingt für Einsteiger zu empfehlen. Desweiteren ist die Flugleistung um ein vielfaches geringer als bei Modellraketen-Flügen mit Verbrennungsmotoren (maximale Flughöhe ca. 15 m), und der notwendige Wartungsaufwand, der betrieben werden muß, liegt bei etwa dem 5fachen.

Der Clou besteht darin, daß die Rakete ein sog. Kaltgastriebwerk besitzt, nämlich die C02-Patrone. Bei diesen Modellen findet das Sprengstoffgesetz keine Anwendung, und somit kann das Modell von jedem Jugendlichen unter 18 Jahren frei geflogen werden (der Verkauf der Patronen ist frei). Ein möglicher weiterer Clou besteht darin, das Modell als Saalflugmodell weiterzuentwickeln.

Das Antriebsprinzip: Die C02-Patrone stellt ein Druckbehälter dar, in dem sich das Gas im flüssigen Zustand befindet. Versieht man nun den Druckbehälter mit einem Loch, so strömt das flüssige Gas unter hohem Druck aus, entspannt sich und geht dann vom flüssigen wieder in den gasförmigen Zustand über. Durch das Ausströmen und die Entspannung wird der notwendige Schub erzeugt. Da sich die Temperatur des ausströmenden Gases auf einige Grad unter Null beläuft, bezeichnet man den Antrieb auch als Kaltgas-Antrieb.

Allgemeiner Aufbau: Vor Baubeginn ist es sicherlich sinnvoll, sich den nachfolgenden Teil mehrfach durchzulesen und sich mit allen Einzelheiten des Planes vertraut zu machen. Alle Angaben des Planes in cm. Der Aufbau gliedert sich im Wesentlichen in zwei Teile: Zum Ersten: Bau der Rakete. Zum Zweiten: Bau der Startrampe.

Aufbau der Rakete: Die Zelle des Modells besteht aus einem RB 74 und RB 77 Körperrohr (von CMR, erhältich über ESE, D- 2359 Hasenmoor - Anm: diese Firmen existieren nicht mehr!) und wird in ein Ober- und Unterteil eingeteilt.

- Das RB-74 Rohr wird ale erstes in zwei Teile geschnitten, die je 16 und 12,5 cm lang sind.Bau des Unterteiles: - In das 12,5 cm lange Teil wird nun an einem Ende ein Schubring eingeklebt (ausgebrannter 18 mm Treibsatz oder ein EB20A), und zwar ca. 5 mm nach innen.
- Das RB-77 Rohr, daß auf eine Lange von 10,2 cm geschnitten wurde, wird nun mit einer Überlappung von 4 cm darübergeklebt.
- Anschließend nun die 4 Flossen (1 mm Balsa) und die beiden Leitröhrchen  Durchmeser 5 mm nach Plan ankleben.
- Am entgegengesetzten Ende wird für das RB-74 Oberteil ein entsprechender Stufenkoppler eingebaut (NB 20 oder JT20C o.a.) und festgeklebt.

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Bau des Oberteiles: Das Oberteil besteht ebenfalls aus zwei Teilen, zum einen aus dem Nasenkonus (NC-74P o.a.) und zum zweiten aus einem 16 cm langen RB-74 Körperrohr.
- Zu Beginn nun wird die FalIschirmkammer ausgeschnitten. Hierzu wird aus dem RB-74 Rohr ein etwa 7 cm langes und 1 cm tiefes Stück ausgeschnitten.
- Ein kurzes, etwa 10 cm langes Stück Guinmiband oder starkes Stück Schnur wird als Verbindungsleine durch die Fallschirmkammer hindurch ins RB-74 eingeklebt.
- Als nächstes wird die Kammer mit kleinen Pappkartonschotten gegenüber dem restlichen Rohr hin abgeashottet.
- Das aus dem Ausschnitt übrigbleibende Reststück an RB-74 Rohr dient als Fallschirmkammerdeckel .
- Als Verriegelung des Deckels dient hier ein sog. zweifacher Ösen-Stift-Verschluß. Dieser Verschluß besteht im Prinzip aus zwei kleinen Ösen (aus Heftklammern selbst leicht herzustellen), wovon eine auf dem Deckel, die andere sich auf der Zülle befindet.

Verriegelt wird nun, indem man einen kleinen Drahtstift (Haarspange, Heftklammer o.a.) durch die beiden Ösen steckt. Das Entriegeln erfolgt nun entsprechend umgekehrt. indem man den Stift, mit Hilfte einer kleinen Schnur herauszieht.
- Zweifacher Verschluß daher, da das Modell zwei dieser Verschlüsse besitzt. An jedem Ende der Fallschirmkammer einen. Beide Verschlüsse müssen etwas gegeneinander versetzt werden.

- Nun wird der Nasenkonus aufgesetzt, aber nicht einkleben. Dieser muß stramm im RB-74 Rohr sitzen.
- Das fertige Oberteil wird nun auf den unteren Teil der Rakete aufgesetzt.
- Beide Teile dürfen nicht miteinander verleimt werden, sondern nur mit Tesafilm zusammengeklebt. Der Grund dieser Maßnahme ist relativ einfach. Wenn das Oberteil mal etwas beschädigt wird (was des öfteren vorkommt und man deshalb mehrere Oberteile bauen solIte), braucht man auch nur das Teil zu ersetzen und nicht die ganze Rakete.
- Wenn die Modellrakete zusammengebaut ist, kann sie nun nachgetrimmt werden.
- Im Plan ist die genaue Lage des Druckpunktes eingezeichnet. Durch das recht hohe Gewicht der C02-Patrone (ca. 50 g) muß durch Zusatzgewichte (ca. 10 g) im Nasenkonus das Gleichgewicht wiederhergestellt werden.
Da der Nasenkonus hoffentlich nicht angeklebt wurde, dürfte dies wohl kein Problem sein.

- Nun wird die Paßgenauigkeit der C02-Patrone überprüft. Da es nur eine Größe mit 12 g Inhalt gibt, dürfte eine Verwechslung wohl ausgeschlossen sein. Im Allgemeinen muß die Patrone mit etwas TesafiIm umwickelt werden, damit sie stramm im RB-77 Rohr sitzt. Somit ist nun der Bau der Rakete abgeschlossen.

Aufbau der Startrampe: Wie der scharfsinnige Leser verfolgt haben wird, ist es nicht möglich, die Rakete von einer normalen Rampe aus zu starten. Aus diesem Grund müssen wir eine passende Rampe zur Rakete bauen.

-Der Aufbau sollte auf einem Holzbrettchen mit einer Di ke von mindestens 1 cm erfolgen. Sehr empfehlen kann ich Kiefernholz.
- Das Herzstück der Rampe ist ein Nagel, 1,6 cm lang und 1,3 mm Durchmesser, der nun in der Mitte des Brettchens von unten durchgetrieben wird. Auf jeden Fall muß die Möglichkeit bestehen, ihn ohne Probleme wieder zu entfernen, da er von Zeit zu Zeit neu angespitzt oder gar ersetzt werden muß.
- Nun wird im Abstand von je 1,2 cm nach links und rechts zwei Lücher von je 3 mm Durchmesser gebohrt, die zur Aufnahme der Leitstäbe dienen. Diese Arbeit muß mit allerhöchster Genauigkeit durchgeführt werden. Bevor aber die beiden Leitstäbe eingeklebt werden, muß noch die sogenannte Zwangsführung hergestellt werden.

Wie eben schon erwähnt, ist der Nagel dafür verantwortlich, daß die C02-Patrone mit einem Loch versehen wird. Damit nun aber das Loch genau in der Mitte der Patrone gestochen wird, ist diese Zwangsführung erforderlich, die diese Aufgabe übernimmt. Ohne diese Führung ist ein erfolgreicher Start nicht möglich.
- Die Herstellung ist recht einfach, da es sich bei der Zwangsführung praktisch um einen negativen Abdruck der C02-Patrone handelt.
- Zur Herstellung benötigt man ein Stuck Körperrohr von 1.7 cm Länge und 1,6 cm Ø (z.B. Held 1000 Aludüse).
- Das Rohr wird nun an einem Ende mit einem Stück Karton zugeklebt (nur leicht ankleben). Nun wird der so entstandene Zylinder durch die offene Seite halb mit Stabilit express o.a. gefüllt.
- In den gefüllten Zylinder wird nun die Patrone soweit als möglich eingedrückt.
- Den überflüssigen Klebstoff sorgfältig entfernen.
- Damit aber die Patrone selber nicht festklebt, muß sie vorher mit etwas Fett oder Öl eingerieben werden. Nach ca. 10 Minuten ist der Abdruck soweit fest, so daß man die Patrone wieder entfernen kann. Die restliche Trockenzeit sollte nicht unter einer Stunde liegen. Ist die Form hart geworden, kann der Boden herausgenommen werden.
- Uberstehende Klebstoffreste abschneiden.
- Nun wird die Form über den Nagel geklebt, so daß sich dieser genau in der Mitte befindet.
- An Klebstoff sollte hierbei nicht gespart werden.
- Ist der Kleber hart geworden, können die beiden Leitstäbe angeklebt werden. Bei den Stäben handelt es sich um 3 mm Rundstäbe, die innen hohl sein sollten. Die minimale Länge beträgt hierbei 46 cm. Aber auch hier gilt: Besser zu lang als zu kurz.
- Die Stäbe werden nun mit entsprechendem Kleber in die vorgesehenen Bohrungen eingeklebt.
- Während der Klebstoff nun abbindet, wird mit der Rakete und der- C02-Patrone die Führungsgenauigkeit überprüft.
- Hierzu werden beide Stäbe durch die Leitröhrchen gesteckt und die Rakete langsam auf die Zwangsführung abgesenkt.
- Die Patrone muß leichtgängig in die Zwangsführung passen, evtl. Leitstäbe nun nachrichten.

Somit ist die Rampe fertig, und es wird nun lediglich noch eine Ösenschraube am Rande eingedreht.
Da sie aber selber zu klein ist, um einen stabilen Stand zu gewährleisten, wird sie einfach mit Hilfe eines Drahtstiftes, den man nach unten einklebt, auf die normal
erweise zur Verfügung stehende Startrampe aufgesetzt.

Startvorbereitungen: Die Vorbereitungen zum Start sollten möglichst erst unmittelbar vor dem Startzeitpunkt erfolgen.
- Als erstes wird der Fallschirm gepackt und in die Verbindungsleine eingehängt.
- Anschließend wird er in die Fallschirmkammer eingelegt und diese verriegelt. Die Größe des Schirmes sollte etwa bei der eines PK-18 liegen, also Ø 45 cm.
- Um zu überprüfen, ob sich der Fallschirm durch seine Eigenelastizität auch wieder herausdrückt, entriegelt man den Verschluß wieder.
- Diese Funktionsprüfung ist entscheidend für die Lebensdauer des Modell es. Falls es Probleme mit dem Fallschirm gibt, kann zusätzlich ein kleiner Hilfsfallschirm mit eingesetzt werden.
- Nun wird die Patrone eingesetzt und deren Paßgenauigkeit überprüft.
- Anschließend wird die Rampe eingerichtet, wobei darauf zu achten ist, daß das Brettchen absolut horizontal steht und der Nagel ausreichend angespitzt wurde.
- Nun die Rakete in die Rampe einsetzen.
- Die Auslösung des Ösen-Stift-Verschlusses geschieht mit Hilfe einer dünnen Verbindungsleine. Hierfür hat sich Polyestergarn hervorragend bewährt.
- Die Länge der Leine sollte aber 5 m nicht überschreiten. Das eine Ende wird an der Ösenschraube, das andere an den beiden Stiften des Ösen-Stift-Verschlusses angeknotet.
- Der Rest wird nun um die Rampe herum frei verlegt, worauf aber zu achten ist, daß sie sich einwandfrei und ohne Hindernisse abspulen kann.
- Die Auslösung des Startes erfolgt
dadurch, daß man das Modell bis auf die Oberkante der Leitstäbe anhebt und einfach fallen läßt.
- Unter optimalen Bedinungen ist die Höhe von 46 cm ausreichend, jedoch empfehle ich noch Zusatzleitstäbe aufzusetzen, so daß sich eine Gesamthöhe von 85 cm ergibt.
- Läßt man nun das Modell aus dieser Höhe fallen, erfolgt der Start auch unter weniger guten Bedingungen (stumpfer Nagel, schlecht ausgerichtetes Brettchen).
- Der Nagel, der das Herz der ganzen Anlage darstellt, sollte nach jedem 4.-5. Start neu angefeilt werden. Desweiteren ist zu empfehlen, die Rakete nur bei Windstille zu starten, da sie sehr langsam abhebt und somit sehr empfindlich auf Windböen reagiert.

Somit nun wäre die Charlie-Oskar-2 fertig, und ich wünsche viel Erfolg. Die maximale Flughöhe liegt mit den 12 g Kapseln bei etwa 15 m, da das Startgewicht mit immerhin 100 g recht hoch ist. Der Preis für die Kapseln schwankt bundesweit zwischen 12 und 15 DM für 10 Stück. Sollte es am Anfang nicht ganz 100%ig klappen, muß man's halt nochmal versuchen. Immerhin war erst mein 25. Startversuch erfolgreich, aber mittlerweile hat sich die Charlie-Oskar-2 zum Mittelpunkt meiner Sammlung entwickelt.

Gefahrenhinweis: C02 ist ein Gas, das in geringer Menge auch in unserer Atemluft vorkommt (unter 1 %) und das der Mensch unbedingt zum Leben braucht. Beim Ein- und Ausatmen wird aus dem 21 % reinen Sauerstoff unserer Atemluft 4 % in C02 verwandelt. Ab einer bestimmten Konzentration wird dieses Gas aber für den Menschen gefährlich und eine Konzentration von 15 % in der Atemluft sind für ihn absolut tödlich!

Deshalb bei Versuchen in geschlossenen Räumen immer gut lüften. Fenster und Türen öffnen. Die Türen sind hierbei besonders wichtig, da C02 schwerer als Luft ist und somit am Boden ablagert, wo es einen sog. See bildet. Wenn man diese Hinweise beachtet, wird man bestimmt viel Freude mit der Charlie-Oskar-2 haben.

(aus COUNTDOWN 3/87 - Nachdruck ohne Genehmigung verboten!)

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